Ashok Sridharan | Bonn, Germany

Magnifizenz, Eminenzen, Exzellenzen, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,

Nachhaltigkeit, Menschenwürde und Liebe zu Mensch und Natur – das sind die Prinzipien, die unsere Botschaften prägen und unser Handeln leiten sollten.

Die Enzyklika „Laudato Si“ spricht von der Bewahrung der Schöpfung und vom wertschätzenden Umgang mit Menschen, Tieren und Natur.

Die Agenda 2030 – die Agenda für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen – stellt das Leben jedes Einzelnen in den Mittelpunkt.

Leaving no one behind – niemanden zurücklassen – so lautet ihre zentrale Botschaft. Allen Menschen auf dieser Welt soll ein Leben in Würde ermöglicht werden - heutigen ebenso wie künftigen Generationen.

Vor Kriegen und Verfolgung geflohene Menschen aufzunehmen - dieser humanitären Verantwortung fühlten wir uns verpflichtet, als ab dem Jahr 2014 die Zahl der in Bonn ankommenden Flüchtlinge kontinuierlich stieg. Und dies forderte auch die christliche Nächstenliebe – denn: Flüchtlinge sind unsere Brüder und Schwestern. In dieser Haltung wurden wir in beeindruckendem Ausmaß von den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt bestärkt und unterstützt.

Allein zwischen September 2015 und Februar 2016 hat Bonn rund 4.000 Flüchtlinge – zumeist aus Krisenregionen - aufgenommen und sich um ihre Unterbringung und Betreuung gekümmert.

Tausende Neuankömmlinge in so kurzer Zeit - das war selbst für eine internationale und weltoffene Stadt wie Bonn eine gewaltige Herausforderung.

Eine derartige Herausforderung erfolgreich zu meistern – möglich ist dies nur, wenn alle an einem Strang ziehen. In enger Zusammenarbeit aller städtischen Stellen haben wir in hohem Tempo Unterbringungsplätze für Flüchtlinge geschaffen. Mit vereinten Kräften wurden Wohnheime, Wohncontainer und Wohnungen hergerichtet.

Nur für einige Monate waren provisorische Unterkünfte wie Turnhallen unumgänglich, um die wöchentlich eintreffenden Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. In intensiver Zusammenarbeit aller Akteure war es uns jedoch ein großes Anliegen, so schnell wie möglich bessere Unterbringungsmöglichkeiten und damit ein würdiges Leben für alle zu schaffen.

Meine Damen und Herren, Sie alle werden dies aus Ihren Städten kennen: Ohne den herausragenden Einsatz von Hilfsorganisationen und Kirchen und vor allem ohne das beeindruckende Engagement hunderter Ehrenamtlicher hätten wir die Aufnahme der Flüchtlinge nicht bewältigen können. Dafür sind wir sehr dankbar.

Und es gibt einen weiteren, überaus wichtigen Aspekt: Menschlichkeit und das Gefühl, Willkommen zu sein. Es sind gerade die vielen Helferinnen und Helfer, die den Geflüchteten die Türen in unsere Gesellschaft öffnen und dafür sorgen, dass die Neuankömmlinge sich nicht „zurückgelassen“ fühlen.

In unserer internationalen Stadt sind es übrigens auch viele Bürgerinnen und Bürger mit Zuwanderungsgeschichte, die ehrenamtlich mithelfen. 

Zusätzlich zu unserer gesetzlichen Aufnahmeverpflichtung kamen hunderte  Syrerinnen und Syrer über staatliche Programme nach Bonn. Häufig fanden sie Aufnahme bei Verwandten. Darüber hinaus beherbergt Bonn zwei Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen.

Seit rund neun Monaten müssen wir daher keine Neuankömmlinge mehr unterbringen. Und Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten kamen, müssen Deutschland inzwischen wieder verlassen. Die Lage in der Stadt hat sich also entspannt.

Eine unserer drängendsten Aufgaben ist jetzt die Schaffung von Wohnraum, der in unserer Stadt nicht ausreichend zur Verfügung steht: Wohnraum für Einheimische und Zugewanderte, für alle Menschen in unserer Stadt, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind. Wichtig ist es dabei, dass wir darauf achten, nicht eine Gruppe „sozial Schwacher“ gegen eine andere auszuspielen. Unser Ziel ist es, eine „würdige“ Unterbringung für alle zu schaffen.

Die größte Herausforderung, die wir bewältigen müssen, ist natürlich die Integration der Neuzugewanderten. Die Stadt Bonn und viele weitere Akteure fördern mit vielfältigen Maßnahmen und Programmen die Sprachkenntnisse und die Integration. 

Die nach wie vor engagierte ehrenamtliche Flüchtlingshilfe leistet darüber hinaus persönliche Unterstützung: Bürgerinnen und Bürger übernehmen Patenschaften, üben mit Flüchtlingen Deutsch, helfen in der Schule oder bei der Vorbereitung auf ein Studium, suchen Praktikumsplätze und Arbeitsmöglichkeiten, nehmen sie im Sportverein auf, zeigen ihnen unsere kulturellen Einrichtungen.

Integration – das bedeutet, alle müssen mitwirken. Auch die Flüchtlinge selbst. Letztlich geht es um ein Miteinander aller und um eine gemeinsame, nachhaltige Perspektive für unsere Stadt. Hier gibt es keine schnellen Lösungen, sondern das wird uns noch einige Jahre intensiv fordern.

Sie wissen vielleicht, dass Bonn Sitz des Klimasekretariats der Vereinten Nationen und weiterer UNO-Einrichtungen ist, die sich gemeinsam für eine nachhaltige Entwicklung in der Welt einsetzen. Dazu gehört auch das Freiwilligenprogramm der UN, das jedes Jahr Tausende Freiwillige in Krisen- und Konfliktgebiete entsendet.

Nachhaltigkeit und Nächstenliebe, das eint die Botschaften der Laudato Si und der Agenda 2030.

Die nachhaltigen Entwicklungsziele sind ein Auftrag an uns alle.

Von jeher verlassen Menschen ihre Heimat und nehmen gefährlichste Wege auf sich, wenn ihr Überleben nicht gesichert ist und ihre Familien keine Zukunftschancen haben.

Nur wenn es gelingt, Hunger und Armut zu beseitigen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu fördern, Bildung und Gesundheit für alle zu gewährleisten, Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen – also den Menschen auf dieser Welt ein Leben in Würde zu ermöglichen und ihnen eine Zukunftsperspektive zu bieten, müssen sie ihre Heimat nicht mehr verlassen. Daran müssen wir alle arbeiten.

Dabei lautet die zentrale Botschaft: wir müssen bei uns beginnen. Jeder Einzelne kann einen Beitrag leisten. Gerade wir in den wohlhabenden Ländern Europas müssen den ersten Schritt machen.

Die Art und Weise wie wir leben, wie wir produzieren und konsumieren, hat Auswirkungen auf die Länder des globalen Südens.

Nur wenn wir unser Verhalten grundlegend ändern, leisten wir einen Beitrag für mehr Gerechtigkeit und Chancengleichheit auf dieser Welt. Lassen Sie uns damit beginnen.

Ich habe Ihnen etwas mitgebracht. In diesem Beutel sind 17 Steine. Jeder Stein trägt eines der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele. Gemacht wurden sie von den Schülerinnen und Schülern der Siebengebirgs-Förderschule in Bonn-Bad Godesberg in ihrem Werkunterricht. Gerne möchte ich Ihnen, Magnifizenz, ein Exemplar überreichen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse.